anky_and_ms

Mehr als 30% alles MS erkrankten leiden an Depressionen (Quelle: MS&Ich). Auch ich gehöre zu diesen 30%. 2016 habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass irgendwas mit mir nicht stimmt. Ich hatte ständig ein Gefühl der Lustlosigkeit und Traurigkeit in mir. Damals dachte ich, das liegt alles an dem Stress für dich Hochzeitsvorbereitungen, dann ist ja 2016 auch Golfo bei uns eingezogen und mein Leben hat sich dadurch natürlich auch verändert. Aber irgendwie ist es icht besser geworden. Dinge, die mir früher viel Spaß gemacht haben, wurden aufeinmal uninteressant. 2017 kam dann ein Moment, der mir die Augen geöffnet hat. Ich war auf dem Weg zur Arbeit, als mir auf der Schnellstraße dieser eine Gedanke kam “Wen würde es jetzt eigentlich stören, wenn ich hier hgegen die Leitplanke fahre, oder gegen den nächsten Baum?”

Auf dem Parkplatz beim Geschäft saß ich noch im Auto und habe über diesen Gedanken nachgedacht…. ja wen würde es stören… Klar wären meine Eltern, mein Mann, meine Familie und Freunde bestimmt traurig, aber die Welt an sich würde sich ja weiter drehen. Beim Blick in den Rückspiegel sah ich Golfo sitzen und mir wurde klar, ich kann sowas nicht machen, wenn mein Hund mit mir im Auto sitzt. Der Gedanke ihn zu verletzten oder gar zu töten war so schlimm für mich, dass der Gedanke, den ich vorher im Kopf hatte sofort verschwand. Aber in den nächsten Monaten kam der Gedanke, mit dem Auto irgendwo dagegen zu fahren immer öfters. Ich bin daraufhin nur noch mit Hund im Kofferraum Auto gefahren, weil ich sonst nicht gewusst hätte was ich machen würde. Irgendwann sprach ich mit meiner besten Freundin darüber, und sie nahm zum ersten Mal das Wort Depression in den Mund. Sie war zum damaligen Zeitpunkt selbst schon wegen Depressionen in Behandlung. Im Herbst 2017 habe ich mich dann in Psychotherapeutische Behandlung begeben und habe angefangen Antidepressiva zu nehmen. Erst in der Therapie habe ich langsam begriffen, dass ich tatsächlich Depressionen habe. Warum und wieso aber habe ich denn Depressionen dachte ich mir immer wieder. Ich habe einen tollen Job, einen Mann, einen Hund, also ein tolles Leben. Meine MS hat mich damals noch weitgehenst in Ruhe gelassen. Aber ja, die Diagnose MS hatte tatsächlich bei mir etwas mit den Depressionen zu tun. Die jahrelange Verdrängung der Krankheit, das ständige Vergleichen mit gesunden Menschen das Alles hat mich eben irgendwann eingeholt.

Bis 2019 war ich also in Psychotherapie, und mich muss sagen, es hat mir sehr geholfen. Ich habe gelernt warum ich so denke wie ich denke, wie sich negative Glaubenssätze schon im meinem Leben etabliert haben, ohne dass ich es gemerkt habe. Die Zeit in der Therapie war bei weitem nicht leicht, in manchen Stunden musste ich mich mit Sachen beschäftigen, die ich lieber unangetatstet in irgendeiner Schublade in meinem Kopf eingesperrt gelassen hätte. In manchen Stunden wurden zu mir Dinge gesagt, die ich nicht hören wollte. Ich war nicht nur einmal an dem Punkt, wo ich das Alles hinschmeißen wollte, weil meine Therapeutin eben nicht das zu mir gesagt hat, was ich eigentlich hören wollte. Denn auch das gehört zu einer Therapie dazu, es wird ungemütlich für einen selbst. Und im Sommer 2019 dachte ich dann, ich bin “geheilt”. Ich brauche keine Therapie mehr, und auch keine Medikamente. Meine Therapeutin hat meinen Wunsch akzeptiert, dass ich die Therapie nicht weiter machen möchte. Sie gab mir aber einen Satz mit: “Sie wissen, dass Sie sich immer melden können.”

Im Herbst/Winter 2020 habe ich dann bemerkt, dass es mir psychisch wieder schlechter geht, trotz Jobwechsel, trotz neuem Haus, irgendwie wurde alles wieder dunkler um mich rum. ich hatte das gefühl bestimmt shcon länger, habe es aber immer versucht zu überspielen. mein Mann meinte aber irgendwann, dass ich doch nochmals meine Therapeutin kontaktieren solle. Klar hab ich das erstmal vor mir hergeschoben. Aber ich habe dann den Schritt gewagt und habe sie wieder kontaktiert. Tja und was soll ich sagen… sie hatte recht. Ich war 2019 einfach noch nicht so weit, dass ich wirklich alles annehmen und umsetzten konnte. Die Einsicht, dass mcih die Depressionen immer wieder  begleiten würden, kam erst in diesem zweiten Teil meiner Therapie. Erst hier habe ich verstanden, dass man auch Depressionen haben kann, wenn man lachend durch die Welt marschiert. Dass Depressionen nicht immer gleichstark vorhanden sind, dass es bestimmte Trigger gibt, die einen wieder zurückwerfen und alles in Frage stellen lassen.

Anfang 2023 habe ich dann beschlossen, ich probiere es wieder alleine, also ohne Psychotherapie. Ich habe in den Jahren in der Therapie so viel über mich und meine Gedanken gelernt, dass ich sagen würde, ich kann mittlerweile erkennen, wenn ich wieder abtrifte. Denn genau das passiert mir trotzdem immer wieder. Dass diese negativen Gedanken sich in den Vordergrund drängen wollen, dass diese negativen Stimmen in meinem Kopf lauter werden. Aber sie haben, zumindest aktuell, keine Chance mehr mich in diese Abwärtsspirale zu ziehen. Ich nehme aktuell immer noch Medikamente, ob ich sie jemals absetzten werde? Ich weiß es nicht… aktuell helfen sie mir und mir geht es gut dait. Warum also sollte ich eine Verschlechterung riskieren?

Die Depressionen gehören zu mir wie die MS, wie mein Mann, meine Hunde und meine Familie. Sie ist ein Teil von mir, aber sie ist nicht ich. Ich weiß dass sie da ist, sie bekommt den Raum der ihr zusteht, aber sie darf nicht über mein Leben bestimmen. Ich habe aber auch gelernt, dass es ok ist sie zu fühlen, dass es ok ist sich schlecht zu fühlen, alles in Frage zu stellen und auch mal laut “Scheiße” schreien zu dürfen. Aber noch viel wichtiger ist es, sich auch wieder bewusst zu machen, dass man sich dann wieder erheben muss um weiter zu machen. Nur so kann man sich stetig weiter entwickeln



2 Antworten

  1. Ich habe es gelesen, es hat mich berührt und für Außenstehende oft schwer nachzuvollziehen, leider. Ich kann es aber erst besser verstehen, seit ich es teilweise selber erlebe. Du hilfst mir dabei auch, danke

  2. Liebe Ann-Kathrin ,
    Du machst das ganz toll 💪
    Hut ab , wie gut du dein Leben meisterst .
    Alles gute und viel Kraft weiterhin

    Liebe Grüße
    Susann

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