McDonald-Kriterien 2025 – was sich bei der MS-Diagnose geändert hat
Die Diagnose einer Multiplen Sklerose (MS) ist oft ein langer Weg. Um sie eindeutig stellen zu können, braucht es klare, international gültige Regeln – die sogenannten McDonald-Kriterien.
Die Kriterien werden regelmäßig angepasst, damit sie mit den neuesten Erkenntnissen aus Forschung und Diagnostik Schritt halten. 2024 wurde die aktuellste Version veröffentlicht – und 2025 ist sie nun in vielen Kliniken weltweit Standard.
Ein kurzer Rückblick: Was sich 2017 änderte
Die vorherige große Überarbeitung stammt aus dem Jahr 2017. Damals wurde es möglich, eine MS früher zu diagnostizieren – oft schon nach dem ersten Schub.
Wichtige Punkte waren:
Bestimmte Eiweißmuster im Nervenwasser, sogenannte oligoklonale Banden (siehe Bericht oligoklonale Banden), konnten den Nachweis einer chronischen Entzündung liefern und eine zeitliche Ausbreitung der Krankheit anzeigen.
Auch Entzündungsherde in der grauen Substanz des Gehirns (also in der Hirnrinde) wurden in die Bewertung mit einbezogen.
Zudem durften in manchen Fällen auch symptomatische Herde, also solche, die gerade Beschwerden verursachen, mitgezählt werden.
Diese Anpassungen sorgten dafür, dass Menschen mit MS schneller eine Diagnose und damit früher Zugang zu einer passenden Behandlung erhielten.
Die neue Revision von 2024 – was jetzt gilt
Mit der neuen Fassung der McDonald-Kriterien (2024) wurden weitere moderne Untersuchungsmethoden aufgenommen, um die Diagnose noch genauer zu machen.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
Der Sehnerv zählt jetzt mit
Entzündungen am Sehnerv, die z. B. zu einer Sehnerventzündung (Optikusneuritis) führen, gelten nun als eigener Bereich im zentralen Nervensystem. Damit fließt dieser typische erste Schub häufiger in die Diagnose mit ein.Neue Marker im Nervenwasser
Neben den klassischen oligoklonalen Banden kann jetzt auch ein anderer Laborwert, die freien Kappa-Leichtketten (k-FLC), als gleichwertiger Hinweis auf eine Entzündung im Gehirn- und Rückenmarkssystem gewertet werden.
→ Wenn also keine oligoklonalen Banden gefunden werden, aber der k-FLC-Wert erhöht ist, gilt das trotzdem als positiver Befund.Fortschritte in der MRT-Diagnostik
Moderne MRT-Aufnahmen können heute typische Muster einer MS-Läsion zeigen, zum Beispiel:das Central Vein Sign (CVS) – eine kleine Vene im Zentrum vieler MS-Herde,
oder paramagnetische Randläsionen (PRL) – chronisch aktive Entzündungsherde mit einem dunklen Rand.
Diese Bildzeichen helfen, MS von anderen Erkrankungen besser zu unterscheiden.
Frühere Diagnose möglich
In eindeutigen Fällen kann eine MS jetzt auch ohne Nachweis einer zeitlichen Ausbreitung festgestellt werden – also schon nach dem ersten klinischen Ereignis, wenn MRT und Liquor eindeutig sind.
Wie weit ist die Umsetzung?
Die neuen Kriterien sind wissenschaftlich anerkannt und in Fachzeitschriften veröffentlicht.
In großen MS-Zentren und Universitätskliniken werden sie bereits regelmäßig angewendet.
In der breiteren Versorgung (z. B. in Praxen oder kleineren Kliniken) läuft die Umstellung noch, weil nicht überall spezielle MRT-Sequenzen oder Biomarker-Tests verfügbar sind.
Was bedeutet das für Betroffene?
Für Patientinnen und Patienten ist das eine gute Nachricht:
Frühere und genauere Diagnosen,
mehr Sicherheit bei unklaren Befunden,
und ein schnellerer Beginn der Therapie, wenn sie wirklich notwendig ist.
Gleichzeitig helfen die neuen Marker auch, Fehldiagnosen zu vermeiden, indem sie MS klarer von anderen Erkrankungen abgrenzen.
Fazit
Die McDonald-Kriterien sind das zentrale Werkzeug in der MS-Diagnose – und mit der Revision von 2024 sind sie moderner und präziser denn je.
Obwohl die Umsetzung noch läuft, wird 2025 bereits in vielen neurologischen Zentren nach den neuen Standards gearbeitet.
Damit rückt ein Ziel immer näher: MS früh erkennen, sicher diagnostizieren und rechtzeitig behandeln.
Literatur und Quellen
Thompson AJ et al. Diagnosis of multiple sclerosis: 2017 revisions of the McDonald criteria. Lancet Neurol. 2018;17(2):162-173.
DOI: 10.1016/S1474-4422(17)30470-2Solomon AJ et al. 2024 McDonald criteria for the diagnosis of multiple sclerosis. Lancet Neurol. 2025;24(1):15-28.
PubMed ID: 40652383Filippi M et al. Central vein sign and paramagnetic rim lesions: emerging MRI biomarkers in multiple sclerosis. Nat Rev Neurol. 2023;19(6):349-362.
DOI: 10.1038/s41582-023-00850-1National Multiple Sclerosis Society. Updated McDonald Criteria Speed Diagnosis. 2024.
www.nationalmssociety.orgMultiple Sclerosis Trust. McDonald criteria (2024 revision explained). 2025.
www.mstrust.org.uk/a-z/mcdonald-criteriaDeutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinie: Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose (in Überarbeitung, Stand 2025).
www.dgn.org/leitlinien