Mit dem Begriff Medical Gaslighting können die Meisten wohl erstmal wenig anfangen. Aber ich bin mir sicher, dass jeder schon einmal damit Erfahrung gemacht hat.
Man sitzt beim Arzt und erzählt von seinen Beschwerden, diese werden dann aber schnell als nicht existent oder nicht so schlimm abgetan. Das Ganze betrifft aber nicht nur die ärztliche Behandlung sondern auch die Reaktionen im Familien- oder Freundeskreis oder auch im Beruf.
Persönliche Beispiele:
Ich: ich kann das Medikament XY leider nicht mehr nehmen, ich habe Nebenwirkungen die mich sehr beeinträchtigen.
Arzt: Welche Nebenwirkungen haben Sie denn?
Ich: zähle einige auf, u.a. starke Alpträume und einen sehr unruhigen Schlaf
Arzt: Das habe ich ja noch nie gehört, das kann nicht sein.
-> nach Studium des Beipackzettels: stehen genau die aufgezählten Nebenwirkungen drin.
Bekannter: Was arbeitest du denn?
Ich: Ich bin gelernte Hörakustikmeisterin aber ich bin in EU-Rente (Erwerbsunfähigkeitsrente) seit Mai diesen Jahres.
Bekannter: Du bist in Rente? Du bist doch so jung. Aber doch nicht wegen der MS? So schlimm ist das ja bei dir nicht.
Mit chronischen Erkrankungen bekommt man sehr oft solche Sätze zu hören.
Was macht das mit einem?
- man fühlt sich nicht ernst genommen
- man fängt an, an sich selbst zu zweifeln
- man verschließt sich gegenüber Ärzten
Für eine sinnvolle Behandlung und Arzt-Patienten Kommunikation ist Medical Gaslighting also alles andere als hilfreich.
Viel wichtiger wäre hier doch, den Patienten anzuhören, und nicht alles gleich abtun. Gerade bei Nebenwirkungen von Medikamenten oder Krankheitssymptomen die eher selten sind, ist doch ein offenes Ohr und Verständnis sehr wichtig.
Auch die Begründung: „Das kann bei Ihnen ja nicht sein, Sie sind so jung.“
ist ein typischer Satz, den junge Patienten oft zu hören bekommen. Leider halten sich Krankheiten an keine Alterbegrenzung, und das sollte auch jeder Arzt mittlerweile wissen.
Ja es gibt Krankheiten, die kommen ab einem bestimmten Alter gehäufter vor, aber das bedeutet ja im Umkehrschluss nicht, dass man nicht früher oder auch später daran erkranken kann.
Auch in der Kommunikation mit Betroffenen sollten Nichtbetroffene offener sein. Chronisch Kranke Menschen tun öfters so, als seien sie gesund und nicht krank. Warum? Weil gerade die Konfrontation mit Medical Gaslighting sehr schmerzhaft sein kann. Und sich dann immer rechtfertigen zu müssen kostet oft sehr viel Energie.
Eine Antwort
Das kann ich gut verstehen, oft hat der Arzt auch nicht soviel Zeit bzw. nimmt sich nicht die Zeit um es zu verstehen.
Dass man von seinen Mitmenschen manchmal komisch angeschaut wird kann ich auch nachvollziehen, denn oft trägt man seine Krankheit nicht für jeden ersichtlich mit sich herum, es gibt viele Krankheiten, die man nicht sofort erkennen kann. Und den Satz“du siehst gut aus „, obwohl es einem schlecht geht, kenne ich auch.