Urgeinkontinenz (auch: Dranginkontinenz) ist eine Form der Blasenfunktionsstörung, bei der Betroffene einen plötzlichen, kaum kontrollierbaren Harndrang verspüren – oft verbunden mit unfreiwilligem Urinverlust, noch bevor die Toilette erreicht werden kann.
Bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS) ist das ein häufiges Symptom – und oft eine der ersten körperlichen Einschränkungen, die auftreten. Studien zeigen, dass etwa 50–80 % aller MS-Betroffenen im Verlauf mit Blasenfunktionsstörungen zu tun haben.
Was passiert bei einer Urgeinkontinenz?
Normalerweise sorgt das Nervensystem für eine feine Abstimmung zwischen:
Blasenmuskel (Detrusor), der sich bei Entleerung zusammenzieht
Schließmuskel, der sich entspannt, wenn man „muss“
Bei MS können Läsionen im Rückenmark oder Gehirn diese Steuerung stören:
Der Blasenmuskel zieht sich unwillkürlich zusammen, obwohl die Blase noch nicht voll ist
Das Gehirn kann den Drang nicht rechtzeitig oder klar steuern
Die Folge: plötzlicher, starker Harndrang und ggf. ungewollter Urinverlust
Typische Anzeichen einer Urgeinkontinenz bei MS:
Plötzlicher Harndrang, der kaum aufzuhalten ist
Häufiges Wasserlassen in kleinen Mengen
Urinverlust auf dem Weg zur Toilette
Nächtlicher Harndrang (Nykturie)
Gefühl, nie „richtig leer“ zu sein
Manchmal kombiniert mit anderen Blasenstörungen (z. B. verzögerter Start, schwacher Strahl)
Was hilft bei Urgeinkontinenz?
Die gute Nachricht: Urgeinkontinenz ist behandelbar – oft mit einer Kombination aus Therapien:
- Blasentraining & Toilettenmanagement
- Neuro-Urologische Diagnostik (z. B. Urodynamik) zur genauen Abklärung
- Medikamente, um den Blasenmuskel zu beruhigen
- Hilfsmittel, wie Toilettenstühle, Einlagen oder Inkontinenzunterwäsche
- Botulinumtoxin (Botox) bei schweren Fällen direkt in die Blase
- Trinkverhalten anpassen – nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel
Fazit
Urgeinkontinenz bei MS ist kein Einzelfall – und kein Tabu.
Sie kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, aber es gibt viele Wege, sie zu behandeln und den Alltag zurückzugewinnen.
Wichtig ist: darüber sprechen. Am besten mit einem*r Neurologe*in oder Urolog*in, die Erfahrung mit neurogener Blase haben. Denn: Früh erkannt = besser behandelbar.