Ganz einfach ausgedrückt bedeutet Hirnatrophie der Verlust von Hirngewebe. Das Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen) und deren Verbindungen (Axonen). Bei einer Hirnatrophie nimmt die Anzahl dieser Zellen und Verbindungen ab, was dazu führt, dass das Gehirn insgesamt etwas an Volumen verliert, also kleiner wird.

Ein gewisser Grad an Hirnatrophie ist ein normaler Teil des Alterungsprozesses bei jedem Menschen. Bei Menschen mit MS kann dieser Prozess jedoch beschleunigt ablaufen.

Warum passiert das bei Multipler Sklerose?

Bei dieser Erkrankung greift das eigene Immunsystem fälschlicherweise das Zentrale Nervensystem (also Gehirn und Rückenmark) an.

Dieser Prozess führt auf zwei Wegen zur Hirnatrophie:

  1. Direkter Schaden durch Entzündungsherde (Läsionen): Bei jedem Schub und auch bei Entzündungen, die  vielleicht gar nicht aktiv bemerkt werden, werden Nervenzellen und ihre schützende Myelinschicht direkt geschädigt und können absterben. Wenn das Gewebe abstirbt, wird es vom Körper abgebaut – das Volumen an dieser Stelle geht verloren.
  2. Diffuser Schaden im Hintergrund: Neben den akuten Schüben gibt es bei der MS oft eine unterschwellige, chronische Entzündung im gesamten Gehirn. Diese langsam voranschreitende Schädigung führt über die Zeit ebenfalls zum schleichenden Verlust von Nervenzellen, auch unabhängig von den Schüben.

Was bedeutet das?

Das Gehirn hat eine erstaunliche Fähigkeit, Verluste auszugleichen – man nennt das auch „neurologische Reserve“. Lange Zeit kann der Verlust von Hirnvolumen unbemerkt bleiben. Wenn die Atrophie jedoch fortschreitet und die Reserve aufgebraucht ist, kann sich das auf verschiedene Funktionen auswirken.

Dies kann zu einer Zunahme von Symptomen führen, wie zum Beispiel:

  • Kognitive Schwierigkeiten: Probleme mit dem Gedächtnis, der Aufmerksamkeit oder der Konzentration.
  • Fatigue (Erschöpfung): Ein sehr häufiges Symptom bei MS, das durch die Atrophie verstärkt werden kann.
  • Zunahme der körperlichen Behinderung: Langfristig kann der Verlust von Hirnvolumen die Ansteuerung der Muskeln und die Koordination beeinträchtigen.

Was kann man tun?

Das ist die wichtigste Botschaft: Man ist der Atrophie nicht hilflos ausgeliefert! Die moderne MS-Therapie zielt genau darauf ab, diesen Prozess zu verlangsamen.

  1. Moderne MS-Medikamente: Das Hauptziel dieser Medikamente ist es nicht nur, die Anzahl der Schübe zu reduzieren, sondern vor allem auch, die Hirnatrophie zu verlangsamen. Viele der neueren und hochwirksamen Therapien haben in Studien gezeigt, dass sie den Volumenverlust des Gehirns deutlich bremsen können.
  2. Regelmäßige Kontrolle: Mit regelmäßige MRT-Untersuchungen kann man die Veränderungen im Auge behalten. So kann man den Erfolg der Therapie bewerten.
  3. Gesunder Lebensstil: Dinge wie regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung, kognitives Training (z. B. Neues lernen, Rätsel lösen) und ausreichend Schlaf können helfen, die „Reserve“ des Gehirns zu stärken und es gesund zu halten.

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